Samstag, 5. November 2011
Alles hat zwei Seiten - auch das Erscheinen eines Interviews mit mir in der "Deutschen Handwerkszeitung"
Schade, das es dann gedruckt von der Redaktion so aus dem Zusammenhang gerissen wurde. Dabei hatte sich die Dame, die mich interviewt hat, unglaublich Mühe gegeben -
der nachfolgende Text war eigentlich angedacht:
„Kommt der Chef noch?“
Frauen im Handwerk begegnen vielen Vorurteilen, haben aber auch Vorteile.
„Wie oft ich den Satz gehört habe! „Kommt der Chef noch?“ Heike Schauz lacht, wenn sie davon erzählt. Die Malermeisterin ist um die 1,60 m groß, blond und gewöhnte sich im Laufe der Zeit daran, dass Kunden oder Geschäftspartner immer erst den Blick an der kleinen Blondine vorbei richteten und nach dem Chef suchten. Der Chef war sie.
Schon mit 14 Jahren führte sie gemeinsam mit der Mutter den elterlichen Malerbetrieb, weil ihr Vater alkoholkrank war und oft ausfiel. Ihren Traum, Archäologin zu werden, gab sie auf, machte eine Malerlehre, besuchte die Meisterschule und gründete sehr schnell ein eigenes Unternehmen mit zwei Mitarbeitern. „Dann kam ein älterer Kollege
auf mich zu und fragte, ob ich seinen Betrieb übernehmen wollte. Ich hab das ganz blauäugig gemacht und war von einem Tag auf den anderen Chefin von 10 Mitarbeitern, nur Männer, die Hälfte davon über 50. Und ich war 25, 26,“ erinnert sich Schauz.
Damals, vor gut 20 Jahren, waren Firmengründungen von Frauen in männertypischen Berufen noch die absolute Ausnahme. Heike Schauz war in ihrer Branche die einzige Frau weit und breit. Heute ist jeder vierte Unternehmensgründer im Handwerk eine Frau. 27 Prozent aller Lehrlinge sind weiblich, 20 Prozent der Meisterprüfungen werden von Frauen abgelegt. Und häufig übergibt der Vater seinen Betrieb nicht an den Sohn, sondern an die Tochter. „Frauen sehen im Handwerk für sich oft bessere Karrierechancen
als in der Industrie. Dort werden häufig doch Männer vorgezogen. Wer vorankommen will, muss oft auf Familie verzichten. Im Handwerk lassen sich Familie und Karriere besser vereinbaren,“ analysiert Alexander Legowski, Pressesprecher beim Zentralverband des Deutschen Handwerks.
Bis Heike Schauz` Truppe die Lästereien vom „Weiberregiment“ abstellte, dauerte es. Doch die Mitarbeiter merkten, dass Putzzeug im Auto und saubere Baustellen nicht nur lästiges Weiberzeug sind, sondern von den Kunden als Markenzeichen des Betriebs gewürdigt wurden. Auch die Führungsqualitäten der Chefin wussten die mittlerweile 25 angestellten Männer zu schätzen. Neben klaren Ansagen beherrschte Schauz nämlich auch andere Töne. Sie selber sagt: „Wir Frauen kümmern uns emotionaler um die Mitarbeiter. Da fragt man ganz intuitiv nach der Familie, nimmt den Einzelnen ernster.“
Dass die emotionale Verbundenheit nicht nur von ihr ausging, sondern von den Mitarbeitern erwidert wurde, merkte sie 2001: Euroumstellung und private Probleme kamen zusammen, wirtschaftliche Probleme folgten, und Heike Schauz konnte eine Insolvenz nicht verhindern. „Als ich den Leuten abends sagte, dass es nicht weitergeht, habe ich meine gestandenen Mannsbilder heulen sehen.“
Nach einigen Jahren der Weiterbildung ist Heike Schauz heute selbstständige Feng-Shui-Beraterin in Baden-Baden. Sie unterstützt Privat- und Firmenkunden, die ihre Räume neu planen oder umgestalten wollen. Die jahrtausendealte chinesische Harmonielehre will Schauz keinesfalls in der „Esoterik-Ecke“ sehen. „Es ist mir ein großes Anliegen, das ans Handwerk heranzubringen. Das ist altes Baumeisterwissen,“ erklärt Schauz und betont, dass gerade im Bau- und Baunebengewerbe Handwerker ihren Kunden mit Feng Shui einen Zusatznutzen bieten könnten. In der Handwerkskammer Karlsruhe hat sie darüber bereits Vorträge gehalten.
Auch ihre speziellen Erfahrungen als Frau im Handwerk möchte Heike Schauz mit anderen teilen. „Ich will ein Buch schreiben über Frauen im Handwerk und den Titel weiß ich schon: Kommt der Chef noch?“
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